In diesem Beitrag wollen wir auf eine interessante Entscheidung des polnischen Oberlandesgerichts Bialystok vom 25. Januar 2018 (Urteil des Sad Apelacyjny w Bialymstoku vom 25. Januar 2018, Az.: I AGa 27/18, LEX Nr. 2453719) aufmerksam machen. Diese Entscheidung zeigt eine große Fähigkeit des Gerichts zur Lösung der gesellschaftsrechtlichen Probleme. Trotz einer tiefen Auseinandersetzung hat das Gericht das Bestehen der GmbH-Gesellschaft aufrechter gehalten.

Das Gericht hat sich mit dem folgenden Sachverhalt befasst. Die Minderheitsgesellschafter beantragten die Auflösung der GmbH-Gesellschaft. Sie begründeten die Klage damit, dass der Gesellschaftszweck entfallen ist. Die Gesellschaft macht hohe Verluste und die Gesellschafter geriet miteinander in Konflikt. Die verklagte Gesellschaft beantragte dagegen, die Klage abzuweisen, da die Minderheitsgesellschafter die Mehrheitsgesellschafter durch Erhebung der Klage auf Auflösung der Gesellschaft zur Auszahlung einer hohen Abfindung zwingen wollen.

Laut Art. 271 Pkt. 1 des polnischen Gesetzbuchs über Handelsgesellschaften kann das Gericht die Auflösung der Gesellschaft auf Verlangen eines Gesellschafters oder eines Organmitglieds der Gesellschaft aussprechen, wenn die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich ist oder sich andere wichtige Gründe, die durch das Gesellschaftsverhältnis hervorgerufen worden sind, ergeben.

Das Gericht stellte in diesem Fall fest, dass die GmbH-Gesellschaft auf dem polnischen Markt seit 25 Jahren aktiv tätig ist. Der Gesellschafterstreit beeinflusste jedoch die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft und der Geschäftsführung nicht. Der Gesellschafterstreit konzentriert sich u.a. auf Nichtausschüttung von Erträgen, Verstoß gegen Informationspflicht gegenüber den Gesellschafter, fehlerhafte Strategie. Der Gesellschafterstreit könne die Auflösung der Gesellschaft nicht begründen. Die Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern seien keine besonderen oder außerordentlichen Umstände. Erst ein Gesellschafterstreit, der wesentlich und langfristig die Tätigkeit der Gesellschaft beeinflusse, könne die Auflösung der Gesellschaft begründet. Das Oberlandesgericht sei der Meinung, dass die Auflösung der Gesellschaft nur ausnahmsweise ausgesprochen werden dürfe.
Man soll auch darauf achten, dass die Gesellschafter vor der Erhebung der Klage auf Auflösung der Gesellschaft nachweisen sollten, dass sie ihre Gesellschafterrechte auf Akteneinsicht, auf Bestellung eines Wirtschaftsprüfers vergeblich erschöpf haben oder die Ausübung dieser Rechte die Auflösung der Gesellschaft begründet. Anderenfalls kann die Klage als unbegründet abgewiesen werden.

Wir beurteilen die obige Entscheidung des Oberlandesgerichts Bialystok als positiv für die Existenz der Gesellschaft. Es ist zu beachten, dass Gesellschafterstreitigkeiten oft künstlich hervorgerufen sind, um die Klage auf Auflösung der Gesellschaft oder andere Rechtsmitteln zu begründen.

Berlin, Posen, Stettin den 09.04.2018

Pawel Majewski, LL.M. (Universität Potsdam)
Polnischer Anwalt (Mitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin)