Vor kurzem hat das Oberlandesgericht Bialystok (Sad Apelacyjny w Bialymstoku) eine interessante Entscheidung betreffend die Frage der Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers in Polen getroffen. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen die Leitsätze dieser Entscheidung darstellen.

Die GmbH-Geschäftsführern müssen darauf achten, dass sie ordentlich entlastet werden. Nicht selten beschäftigen die deutschen Inhaber der polnischen Gesellschaften die deutschen GmbH-Geschäftsführer. Aus verschiedenen Gründen kann sich die Einstellung des deutschen Geschäftsführers in Polen vor dem Ablauf des Geschäftsjahres beenden. In einem solchen Fall verliert der Geschäftsführer den Einfluss auf die zukünftigen Ereignisse in der Gesellschaft. Die Frage der Entlastung kann auch für die deutschen Minderheitsgesellschafter, die gleichzeitig Geschäftsführers sind, von der großen Bedeutung sein.

Laut Art. 231 § 2 Pkt. 3 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften (Kodeks spolek handlowych) stellt die Erteilung der Entlastung den Mitgliedern eines Gesellschaftsorgans den Gegenstand einer ordentlichen Gesellschafterversammlung dar. Nach Art. 231 § 1 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften soll eine ordentliche Gesellschafterversammlung innerhalb von 6 Monaten nach dem Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres stattfinden.

Die oben erwähnte Entscheidung des Oberlandesgerichts Bialystok betrifft den Fall, wenn die Gesellschafter einer polnischen GmbH (spolka z o.o.) einem ehemaligen Gesellschafter, der zugleich der Geschäftsführer war, die Entlastung nicht erteilt haben. Der ehemalige Geschäftsführer hat den Gesellschafterbeschluss über Nichtentlastung angefochten. Das Oberlandesgericht Bialystok hat jedoch die Beschlussanfechtungsklage abgewiesen, da der ehemalige Geschäftsführer auch als der Gesellschafter zur Beschlussanfechtung nicht berechtigt war, da ihm die Legitimation fehlte.

Das Oberlandesgericht sei der Meinung, dass die zur Anfechtung der Gesellschafterbeschlüsse berechtigten Personen im Art. 250 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften genau aufgezählt sind. Der Kläger verfüge über die Eigenschaften der im Art. 250 aufgezählten Personen nicht. Während der Beschlussfassung über Entlastung war der Kläger nicht mehr der Geschäftsführer. Der Kläger als Gesellschafter war auch nach Art. 244 des polnischen Gesetzes über Handelsgesellschaften von der Beschlussfassung ausgeschlossen, da der Gesellschafter an der Beschlussfassung, die seine Haftung gegenüber der Gesellschaft betrifft, indem auch die Entlastung, nicht teilnehmen darf.

Zusammenfassend sei das polnische Oberlandesgericht der Meinung, dass ein ehemaliger Geschäftsführer die Einwände gegen dem Gesellschafterbeschluss über Nichtentlastung erst im Rahmen eines Gerichtsverfahrens wegen Schadensersatz erheben darf. Sehe Urteil des Oberlandesgerichts Bialystok vom 9. November 2017 r., Az. I ACa 416/17.

Aus unserer Erfahrung ergibt sich, dass sich Die GmbH-Geschäftsführern sollten sich jährlich um eine korrekte Entlastung kümmern. Die Entlastung bedeutet für den Geschäftsführer die Rechtssicherheit.

Berlin, Posen, den 24.02.2018

Pawel Majewski, LL.M. (Universität Potsdam)
Polnischer Anwalt (Mitglied der Rechtsanwaltskammer Berlin)